Restschuldversicherung bei Arbeitsunfähigkeit: Grundsätzliches und Details

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Eine Restschuldversicherung soll vor finanziellen Schwierigkeiten schützen. Arbeitsunfähigkeit ist jedoch zumeist nicht beinhaltet – muss diese extra abgesichert werden?

Grundsätzliche Konditionen der Restschuldversicherung

Wer einen Bankkredit aufnimmt, dem wird oft eine Restschuldversicherung angeboten. Diese bietet den nötigen Schutz im Todesfall oder bei Krankheit des Kreditnehmers. Die Hinterbliebenen sollen vor finanziellen Schäden bewahrt werden. Zudem ist die Restschuldversicherung eine Sicherheit für das Kreditinstitut, denn sie wird im Vertrag an die Bank abgetreten.

Abhängig von den Vertragskonditionen kann auch die Erwerbsunfähigkeit mit in die Restschuldversicherung aufgenommen werden. In diesem Fall greift die Versicherung auch dann, wenn der Kreditnehmer arbeitslos wird. Leider gibt es jedoch bei vielen Versicherern nicht genügend Transparenz. Die Kunden können die manchmal unverständlichen Formulierungen kaum verstehen, sodass es schwer fällt, alle Details nachzuvollziehen.

Diese Intransparenz scheint sich darauf zu begründen, dass die Versicherer nicht immer bereitwillig die vereinbarten Leistungen erbringen. Bevor man den Kreditvertrag inklusive Restschuldversicherung unterschreibt, sollte man daher auch die kleingedruckten Abschnitte genau lesen und sich gegebenenfalls erklären lassen.

Video: Restschuldversicherung Kredit kündigen

Fakten zur Restschuldversicherung

Die Anzahl der Restschuldversicherungen in Deutschland steigt mit der erhöhten Menge an Krediten an. Im Jahr 2009 lag der durchschnittliche Wert von neu abgeschlossenen Restschuldversicherungen bei 11.600 Euro. Dies bezog sich auf einen Marktanteil von 2,9 % der gesamten Versicherungssumme.

Grundsätzlich gelten für eine Restschuldversicherung folgende Richtlinien:

  • Durch eine Restschuldversicherung sollen Risiken abgesichert werden, die sich im Laufe der Jahre verringern. Dabei geht es beispielsweise um Kredite wie Baufinanzierungen oder um die Ausbildung des Nachwuchses.
  • Die Restschuldversicherung wird im Todesfall des Kreditnehmers an die Verbliebenen ausgezahlt. Sie ist vergleichsweise günstiger als die meisten anderen Bankprodukte, denn sie bezieht sich nicht auf Arbeitslosigkeit und Arbeitsunfähigkeit.
  • Die vertraglich festgesetzte Versicherungssumme verringert sich jedes Jahr um einen bestimmten, gleichbleibenden Wert.

Ist eine Absicherung gegen Arbeitsunfähigkeit sinnvoll?

Viele Verbraucher möchten die Kosten für eine Restschuldversicherung möglichst gering halten, daher entscheiden sie sich gegen die zusätzliche Absicherung bei Arbeitsunfähigkeit. Dabei ist der Gedanke einer solchen Versicherung durchaus zweckmäßig, vor allem in Kombination mit langfristigen Krediten und relativ hohen Darlehenssummen. Wenn es sich um kleine Ratenkredite handelt, ist die Restschuldversicherung jedoch meistens nicht nötig: Sie würde die Kreditraten verteuern und erscheint überflüssig.

Bei der Überlegung, ob man den Schutz gegen Arbeitslosigkeit und Arbeitsunfähigkeit mit in die Versicherung hineinnimmt, sollte man aufpassen, dass man keinen überflüssigen oder doppelten Versicherungsschutz vereinbart. Beispielsweise ersetzt eine bereits abgeschlossene Risikolebensversicherung jede Art von Kreditlebensversicherung. Hier auf dieser Seite erklärt kredite.org die Thematik im Detail und zeigt auf, was bei unverschuldeten Zahlungsschwierigkeiten passieren kann. Möglicherweise ist eine clevere Strukturierung der Kreditlebensversicherung ausreichend und erspart einem die zusätzliche Restschuldversicherung.

Bei der Überlegung, ob man den Schutz gegen Arbeitslosigkeit und Arbeitsunfähigkeit mit in die Versicherung hineinnimmt, sollte man aufpassen, dass man keinen überflüssigen oder doppelten Versicherungsschutz vereinbart. (#02)

Bei der Überlegung, ob man den Schutz gegen Arbeitslosigkeit und Arbeitsunfähigkeit mit in die Versicherung hineinnimmt, sollte man aufpassen, dass man keinen überflüssigen oder doppelten Versicherungsschutz vereinbart. (#02)

Die Restschuldversicherung aus Sicht der Kreditnehmer

Für Kreditnehmer ist die Restschuldversicherung oder Kreditlebensversicherung eine zusätzliche finanzielle Belastung. Die Kreditkonditionen verschlechtern sich, was gerade dann ärgerlich ist, wenn das Kreditinstitut die Restschuldversicherung als Voraussetzung für die Kreditaufnahme festlegt.

Auch wenn es sich um ein verpflichtendes Element im Rahmen des Kreditvertrags handelt, ist die Zahlungsausfallversicherung zumeist überschaubar. Oft werden die Beiträge nur für einen gewissen Zeitraum gezahlt. Hier sind mögliche Ausschlusskriterien für die Versicherungsleistungen zu beachten, damit es zu keinem bösen Erwachen kommt, falls es Probleme mit der Kreditrückzahlung gibt.

Typische Ausschlussbedingungen bei den Versicherern sind:

  • Im Falle einer Arbeitsunfähigkeit ist nur ein Zeitraum von einem Jahr abgedeckt,
  • bei Arbeitslosigkeit erfolgt die Auszahlung erst nach einer mehrmonatigen Wartezeit, zu der eine weitere Karenzzeit von beispielsweise drei Monaten kommen kann,
  • bei einer in den Vertragsbedingungen aufgeführten Krankheit wie Krebs oder Herzerkrankung, die zum Tod oder zur Arbeitsunfähigkeit des Versicherten führt, greift die Versicherung nicht.

Die Perspektive der Kreditgeber

Die Kreditinstitute profitieren bei den Restschuldversicherungen von zweierlei Vorteilen. Auf der einen Seite erhalten sie für den Vertragsabschluss eine Provision, auf der anderen verringert sich durch die geeignete Absicherung das Risiko eines Kreditausfalls. Das ist bei einem gleichbleibenden Zinssatz ein vorteilhaftes Geschäft für den Kreditgeber.

Die Provision liegt bei vielen Kreditangeboten bei rund 30 % der Beitragsprämie. Teilweise liegen die Provisionswerte sogar noch höher. Laut einer Marktuntersuchung der Bafin beläuft sich die Vertriebsprovision beim höchsten Tarif für die Todesfallversicherung auf 85 % des Beitrags.

Rechtsprobleme im Zusammenhang mit dem Versicherungsanspruch

Die unterschiedliche Vertragsgestaltung bei den Versicherungsbedingungen führt dazu, dass es immer wieder zu Schwierigkeiten bei der Rechtsdurchsetzung der Ansprüche kommt. Allerdings hat es in den letzten Jahren diesbezügliche Veränderungen gegeben, die es den Versicherungsnehmern leichter machen, zu ihrem Recht zu kommen. Das OLG Koblenz veröffentlichte im November 2011 ein Urteil (Aktenzeichen 10 U 1111/10), das im Fall der Arbeitsunfähigkeit zugunsten der Verbraucher entschieden hat.

Der Sachverhalt steht beispielhaft für viele Darlehensnehmer, die eine Restschuldarbeitsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen haben. Die betroffene Klägerin hatte ihren Kreditvertrag im Jahr 2006 abgeschlossen, über eine 72-monatige Laufzeit. Der Darlehensvertrag selbst erstreckte sich über den gleichen Zeitraum. Noch 2006 erkrankte die Klägerin. Das beklagte Kreditinstitut erbrachte bis 2008 die beanspruchbaren Leistungen. Dann holte es ein Gutachten ein und lehnte fortlaufende Leistungen ab. Daraufhin reichte die Klägerin eine Antragsklage ein, um die Versicherung bis Ablaufdatum weiter zu erbringen, wie im Vertrag vereinbart.

Bei der Arbeitsunfähigkeit handelt es sich generell um einen Krankheitszustand, der vorübergehend ist. Im Gegensatz dazu ist die Berufsunfähigkeit von Dauer. (#01)

Bei der Arbeitsunfähigkeit handelt es sich generell um einen Krankheitszustand, der vorübergehend ist. Im Gegensatz dazu ist die Berufsunfähigkeit von Dauer. (#01)

Die weitere Entwicklung im Beispielfall

Nach einem Sachverständigengutachten gab das Landgericht der Klage nur teilweise statt. Die Versicherungsleistungen sollten bis zum letzten Tag der mündlichen Vereinbarung ausgezahlt werden, im Weiteren wurde jedoch die Klage abgewiesen. Beide Seiten, die Klägerin und das beklagte Kreditinstitut, legten dagegen Berufung ein.

In der Folge nahm der Senat zu insgesamt drei rechtlichen Fragen Stellung:

  • Punkt 1:
    In dem Antrag bezog sich die Klägerin auch auf zukünftige Versicherungsleistungen. Eine solche Leistungsklage ist aber nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, die in §§ 257, 258 ZPO definiert werden. Das für die Entscheidung zuständige Gericht kann im Regelfall nicht wissen, ob die entsprechenden Voraussetzungen zu einem zukünftigen Zeitpunkt noch gegeben sind. Darum hat das OLG die Klage bezüglich der zukünftigen Leistungen zurückgewiesen.
  • Punkt 2:
    Im Versicherungsvertrag wurde auf den Fall der Arbeitsunfähigkeit Bezug genommen. Anders als bei einer klassischen Krankentagegeldversicherung wurde nicht exakt definiert, dass im Versicherungsfall eine hundertprozentige Arbeitsunfähigkeit die Voraussetzung für die Erbringung der Leistung ist. Eine solche Regelung ist immer wieder die Ursache für rechtliche Auseinandersetzungen, denn hier geht es um die Frage, ob der Versicherte seine Berufstätigkeit noch geringfügig ausüben kann. Da im betroffenen Versicherungsvertrag keine ausdrückliche Einschränkung festgehalten war, kam der Senat zur Auffassung, dass eine „überwiegende Arbeitsunfähigkeit“ für den Leistungsanspruch ausreicht. Den entsprechenden Nachweis ihrer Arbeitsunfähigkeit erbrachte die Klägerin durch die Bereitstellung eines Sachverständigenbeweises.
  • Punkt 3:
    Das beklagte Kreditinstitut hatte in seinen Versicherungskonditionen die Möglichkeit festgehalten, dass der Versicherungsnehmer bei Arbeitsunfähigkeit im ursprünglichen Berufsfeld auf eine dem Ausbildungsstand und Ansehen ähnliche Tätigkeit verwiesen werden könne. Die Klägerin müsse in diesem Fall nachweisen, dass sie auch in den Verweisungsberufen entsprechend der Versicherungsbedingungen arbeitsunfähig sei. Der Senat folgte diesen Hinweis nicht, wie Anwalt.de berichtet. In Bezug auf diese Frage erläuterte er die Abgrenzung zwischen Arbeits- und Berufsunfähigkeit.

Arbeitsunfähigkeit und Berufsunfähigkeit: Der Unterschied

Bei der Arbeitsunfähigkeit handelt es sich generell um einen Krankheitszustand, der vorübergehend ist. Im Gegensatz dazu ist die Berufsunfähigkeit von Dauer. Im vorliegenden Fall war der Senat der Ansicht, dass es gedanklich schwierig sei, im Rahmen einer Arbeitsunfähigkeitsversicherung auf eine Verweisung Bezug zu nehmen.

In diesem Zusammenhang müsse der Kreditgeber die Rechtsprechung bezüglich der Berufsunfähigkeitsversicherung gelten lassen. Das heißt, dass der Versicherer die Aufzeigungslast erfüllen muss. Die Beklagte wäre also dafür verantwortlich, dem Versicherten die möglichen Verweisungstätigkeiten aufzuzeigen. Erst im Anschluss könne der Versicherte darlegen und gegebenenfalls beweisen, ob die Verweisungsmöglichkeiten zulässig sind. Diese Handlungsweise war von der Beklagten nicht erfüllt worden.

Video: Mittagsmagazin – Teure Restschuldversicherung

Eine stimmige Entscheidung

Die rechtliche Entscheidung ist schlüssig und damit auch gerecht. So wie der Versicherungsfall definiert wird, unterliegt er zwar nicht der gesetzlichen Inhaltskontrolle laut AGB, doch laut Gesetzbuch wird die Auslegung der Versicherungskonditionen nicht ausgeschlossen. Die geltende Rechtsprechung besagt, dass die Versicherungsbedingungen entsprechend des Verständnisses der durchschnittlichen Versicherten ausgelegt sein müssen.

Wenn dieser Maßstab angelegt wird, sollten keine Zweifel aufkommen. Der Senat ist davon ausgegangen, dass der einfache, „durchschnittliche“ Versicherungsnehmer annimmt, dass er nicht 100%ig arbeitsunfähig sein muss, um Anspruch auf die Versicherungsleistung zu haben, es sei denn, dies ist ausdrücklich in den Vertragsbedingungen formuliert.

Der Punkt der Verweisungsmöglichkeit im Rahmen der Arbeitsunfähigkeitsversicherung kann den Versicherungsnehmer auf unangemessene Weise in seinem Rechtsanspruch verletzen. Daher sollte hier die AGB-Kontrolle greifen. Eine solche Klausel ist, wie der Senat es in diesem Fall sieht, unwirksam. Die Darlegungslast im Zusammenhang mit den Verweisungsberufen spielt also keine Rolle.


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